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„Ob es der richtige Schritt ist, wird sich zeigen“ – DiePresse.com


ÖVP-Chef Christian Stocker im „Presse“-Interview über den irritierenden Beginn mit Kickl, Bablers Problem und nunmehr schlankere Verhandlungen.

Die Presse: Was haben Sie sich gedacht, als Herbert Kickl die ÖVP am Dienstag in einem aggressiven, schuldzuweisen­den Ton aufgefordert hat, mit ihm Regierungsverhandlun­gen zu beginnen?

Christian Stocker: Dass das vielleicht nicht die beste Art ist, eine Einladung auszusprechen.

Kann man mit so jemandem vertrauensvoll zusammenarbeiten?

Ich würde nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Aber sagen wir einmal so: Ein anderer Beginn wäre auch möglich gewesen. Wir haben sehr lang mit den Neos und der SPÖ verhandelt. Karl Nehammer wollte diese Regierung. Harald Mahrer wollte diese Regierung. Ich wollte diese Regierung. Es ist aber nicht gelungen. In weiterer Folge hat Kickl den Regierungsbildungsauftrag erhalten. Es geht jetzt um das Land, das eine Regierung benötigt. Aus Verantwortung für Österreich halte ich es für notwendig, in Verhandlungen einzutreten. Ob es der richtige Schritt ist, wird die Zukunft zeigen.

Hat Kickl im ersten Gespräch Ihnen gegenüber signalisiert, in für Sie wichtigen Punkten – Stichwort EU, Ukraine –, auf Sie zugehen zu wollen?

Wir haben diese Verhandlungen noch gar nicht begonnen. Wir haben im Erstgespräch nur besprochen, was für uns richtig und wichtig ist. Ein Öxit kommt für uns nicht infrage. Wir wollen die Souveränität Österreichs gegenüber dem Einfluss aus dem Ausland, keine Abhängigkeit von Russland.

Ist Sky Shield eine Koalitionsbedingung für die ÖVP, oder könnte man davon auch abgehen?

Wir haben klargemacht, dass Landesverteidigung ein wichtiges Thema ist. Weil wir uns als souveräner Staat selbst verteidigen können müssen. Meine Haltung dazu ist bekannt. Und wir werden mit dieser Haltung in die Verhandlungen gehen.

Christian Stocker.

Christian Stocker.Clemens Fabry

Wie wird nun verhandelt? Diesmal mit dem Wichtigsten zuerst?

Die erste Aufgabenstellung ist aufgrund des Zeitplans die Meldung des Budgetpfads nach Brüssel. In den nächsten Tagen müssen unsere Pläne für die Budgetkonsolidierung fertig sein. Für diese Aufgabenstellung ist viel vorgearbeitet worden. Das ist das Ergebnis dieses langen Prozesses der Drei-Parteien-Verhandlungen. Karl Nehammer hat hier eine Grundlage geschaffen. Daher sind wir nun in der Lage, diese Aufgabe relativ rasch erfüllen zu können.

Bei den türkis-rot-pinken Verhandlungen gab es unzählige Untergruppen mit rund 300 Verhandlern. Wie läuft das nun ab?

Es wird eine schlankere Verhandlungsstruktur geben. Allein deshalb, weil wir in unzähligen Stunden alle Themen schon einmal verhandelt haben …

Aber eben nicht mit der FPÖ.

Aber wir haben es verhandelt. Das heißt, die Menschen, die für uns verhandelt haben, haben ihren Input geleistet. Und diesen nehmen wir natürlich mit.

Haben Sie überhaupt genügend Verhandler? Der Reihe nach sagen nun ÖVP-Politiker für ihren Weiterverbleib in einer Regierung ab.

Wir haben nicht nur genügend Verhandler, sondern wir haben auch unterschiedliche Persönlichkeiten in der ÖVP, die sich nun eben für einen anderen Weg in ihrem persönlichen Leben entschieden haben.

In vielen Ländern verlieren traditionelle konservative Parteien an die Rechtspopulisten. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Wer für schwierige Probleme einfache Antworten bietet, hat es bei Wahlen leichter. Im Reality-Check ist es dann schnell anders. Und wir sind dabei, den Reality-Check zu verhandeln.

Christian Stocker (r.) im Interview mit „Presse“-Innenpolitikchef Oliver Pink.

Christian Stocker (r.) im Interview mit „Presse“-Innenpolitikchef Oliver Pink.Clemens Fabry

Wollten Sie ÖVP-Chef werden?

Nachdem die Verhandlungen mit SPÖ und Neos geplatzt waren, hatte ich keine Perspektive in diese Richtung. Ich bin an dem Tag, als diese Entscheidung gefallen ist, in Jeans und Rollkragenpullover nach Wien gefahren. Ein paar Stunden später musste ich darum ersuchen, dass man mir einen Anzug und eine Krawatte bringt.

»Ich bin in Jeans und Pullover nach Wien gefahren. Ein paar Stunden später musste ich ersuchen, dass man mir einen Anzug bringt.«

Christian Stocker über den Tag, an dem er ÖVP-Chef wurde.

Wäre auch Sebastian Kurz eine Option gewesen?

Das war in dieser Sitzung kein Thema. Sebastian Kurz hat für sich entschieden, aus der Politik auszuscheiden und seine Zukunft in der wirtschaftlichen Betätigung zu sehen.

Wie lang werden Sie bleiben?

Ich bin gekommen, um zu bleiben.

Von allen bisherigen ÖVP-Obmännern – wem fühlen Sie sich am meisten verbunden? Wer wäre ein Vorbild für Sie?

Ich bin mit Karl Nehammer einen gemeinsamen Weg gegangen, der aufgrund der vielen Krisen herausfordernd war. Ich glaube, dass die Verdienste von Karl Nehammer erst im Nachhinein so richtig gewürdigt werden.

Haben die Vertreter der Wirtschaft in der ÖVP ein Scheitern der Verhandlungen und damit den Rückzug von Karl Nehammer erzwungen, wie die SPÖ behauptet?

Das ist eine von vielen Legenden, die so falsch sind wie fast alle Erklärungen der SPÖ zu diesen Gesprächen. Wir – auch Harald Mahrer – wollten, dass diese Regierung zustande kommt. Die ersten, die vertrieben wurden, waren die Neos. An diesem Abend war vorgesehen, dass ÖVP und SPÖ weiterverhandeln. Doch die SPÖ ist gar nicht mehr gekommen. Der Wille für die Verhandlungen war weg. Es ging nur noch darum, wer als Erster aufsteht.

Christian Stocker, ÖVP.

Christian Stocker, ÖVP.Clemens Fabry

Wie haben Sie Babler erlebt?

Mein Eindruck ist, dass er sich aus der Welt des Klassenkampfs nicht befreien kann. Und verkennt, dass die Umverteilung jetzt nicht unser dringendstes Problem ist.

Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Sebastian Kurz?

Wir haben vor wenigen Tagen miteinander gesprochen.

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