Es macht sich Ruhe breit. Spüren Sie das auch? Der gesamte Herbst und auch die Feiertage rund um den Jahreswechsel waren von innenpolitischer Aufregung geprägt. Wie laufen die Ampel-Verhandlungen? Wer setzt sich wo durch? Wer stellt sich bei welchem Thema quer? Kommen neue Steuern? Welche Ministerien gehen an welche Partei? Geht überhaupt etwas voran? Ja, kann das überhaupt etwas werden? Derartige und viele andere Fragen prägten die Diskussionen in den Medien, am Arbeitsplatz, in den Familien und am Stammtisch – und haben mit der Zeit genervt.
Nach dem krachenden Scheitern der Ampel-Verhandlungen, begleitet von gegenseitigen Schuldzuweisungen und einem Kanzlerrücktritt, kehrt nun Ruhe ein. Und das fühlt sich nach den Aufregungen der vergangenen Monate erstaunlich gut an.
Die Koalitionsverhandler von FPÖ und ÖVP scheinen einen Arbeitsmodus gefunden zu haben, der unaufgeregt und ohne große Emotionen funktioniert. Das Budget wurde innerhalb eines Wochenendes außer Streit gestellt und der Fahrplan von Brüssel wurde gutgeheißen. Nun wird in 13 Gruppen und mit deutlich weniger Mannstärke (ÖVP, SPÖ und NEOS verhandelten mit über 300 Personen) an einem Koalitionsabkommen gearbeitet. Bisher sind nur wenige Details nach außen gedrungen, und auch die reflexhaften Kommentare und öffentlichen Äußerungen von Sitzungsteilnehmern haben im Vergleich zur unkoordinierten Kommunikation der Ampel stark abgenommen.
Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen FPÖ und ÖVP keine Liebesheirat ist, wirken die seit fast zwei Wochen laufenden Koalitionsgespräche dieser beiden Parteien bislang sehr professionell. Die Öffentlichkeit wird in kleinen Dosen informiert, während ansonsten konzentriert verhandelt und gearbeitet wird. Diese Herangehensweise entspricht auch der Erwartungshaltung der Menschen im Land: weniger Streit, mehr Arbeit!
Diese Form der Zusammenarbeit erschwert bereits jetzt die Arbeit der Opposition. Schnell wurde die soziale Keule geschwungen und die altbekannte Geschichte vom Kahlschlag im Gesundheits- und Pensionsbereich aus der Schublade gezogen. Diese Erzählung ist jedoch nicht neu und erinnert an jene Zeiten unter Schwarz-Blau im Jahr 2000 und Türkis-Blau im Jahr 2017.
Es mag sinnvoll sein, die Akteure bei den Verhandlungen genau zu beobachten und am Ende das Koalitionsabkommen kritisch zu beurteilen. Was jedoch nicht mehr funktionieren wird, sind die alten Narrative der Opposition vom sozialen Untergang. Österreichs Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Budget und vor allem die Zufriedenheit mit der Regierung waren genau dann in guter Verfassung, wenn ÖVP und FPÖ gemeinsam regierten. Das sollte SPÖ, Grünen und NEOS zu denken geben. Jedenfalls tut sie gut, die Ruhe.