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Merz drängt sich mit Migrationsforderung selbst ins Eck


“Es ist ein Desaster. Sie haben versucht, die Rechten zu mäßigen, indem sie ihnen Teile der Regierung gaben – das Gegenteil ist passiert.” So kommentierte Kanzlerkandidat Friedrich Merz vor wenigen Tagen die Verhandlungen zwischen dem österreichischen Pendant seiner CDU, der ÖVP, und der FPÖ. Und betonte einmal mehr mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar und die AfD als zweitstärkste Kraft: “Wir werden diese Rechtspopulisten nicht in eine von mir geführte Regierung aufnehmen. Niemals. Das werde ich nicht tun.”

Und doch brachte sich Merz kurzerhand nun selbst in die Bredouille mit seiner Forderung nach einem “faktischen Einreiseverbot”, sollte er Kanzler werden. Nachdem ein offenbar psychisch kranker Afghane, der eigentlich schon hätte ausreisen sollen, in Aschaffenburg einen Mann und ein Kleinkind erstochen hatte, verkündete Merz, im Falle eines eines Wahlsiegs am ersten Tag die Zurückweisung aller Menschen ohne Einreiseberechtigung anordnen zu wollen. Das solle auch für Schutzbedürftige gelten. Die deutschen Staatsgrenzen sollen dauerhaft kontrolliert werden. “Mir ist es gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht”, so Merz weiter, “Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich”.

Doch gab es nur eine andere Partei, von der Merz für seine Forderung Zuspruch und Unterstützung erhielt: die teils rechtsextreme AfD.

Angebot von AfD

“Lassen Sie uns ohne weiteres Zögern die erforderlichen Beschlüsse fassen. Die kommende Sitzungswoche im Deutschen Bundestag bietet dafür eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf. Die Mehrheiten dafür sind vorhanden”, schrieb die AfD-Chefin Alice Weidel am Donnerstagabend auf X an Merz gerichtet. 

Merz hatte zuvor angekündigt, kommende Woche einen Antrag im Bundestag einbringen zu wollen, um die deutsche Bundespolizei zu ermächtigen, Haftbefehle aussprechen zu können. Eine Zusammenarbeit oder gar Koalition mit der AfD hat die CDU – wie alle anderen Parteien – bisher ausgeschlossen, so auch diesmal: Weidels Angebot wies man als “vergiftetes Angebot” ab.

Die SDP kritisierte den CDU-Kanzlerkandidaten für seine Forderung scharf: Selbst SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der eine gute Gesprächsbasis zu Merz hegt, stellte sich gegen ihn: “Punktekataloge, vermeintlich starke Worte, schnelle Forderungen werden weder dem Leid der Opfer noch den trauernden Eltern, Angehörigen und Freunden gerecht”, so Mützenich in der Augsburger Allgemeinen. Auch die Grünen nannten Merz’ Forderung “weder zielführend noch rechtlich umsetzbar”.

CDU Party Chairman Merz delivers a statement on the knife attack in Aschaffenburg

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz.

Geht das überhaupt?

Merz hat schon im Herbst eine Zurückweisung an den deutschen Grenzen gefordert, und so steht es mittlerweile auch im CDU-Wahlprogramm. Fakt ist, dass er mit seinem Vorstoß geltendes, europäisches Asylrecht brechen würde. Dieses verbietet Zurückweisungen an der Grenze, selbst dann, wenn ein EU-Staat nicht für das Asylverfahren der Person zuständig ist. Stattdessen muss geprüft werden, in welchem EU-Land Asyl gestellt wurde ist. Erst dann dürfen und sollen Geflüchtete in dieses Land überstellt werden.

Deutschland könnte sich zwar auf die sogenannte Notfallklausel berufen und müsste dann gegenüber der EU-Kommission nachweisen, dass es sich in einer tatsächlichen Notsituation, etwa Überforderung des Asylsystems, befindet. Experten geben jedoch zu bedenken, dass bisher alle Staaten, die sich vor dem Europäischen Gerichtshof darauf berufen haben, mit dieser Argumentation gescheitert sind.

Dauerhafte Grenzkontrollen sind zudem gegen den geltenden Schengenraum: Zwar gibt es derzeit Kontrollen an allen deutschen Grenzen (so wie auch an Österreichs Grenze zu Ungarn), allerdings sind auch diese an die Bedingung der “schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit” geknüpft und müssen alle sechs Monate neu von Brüssel  bewilligt werden. Die deutsche Gewerkschaft der Polizei hat Merz’ Forderung zudem entgegnet, dass es derzeit nicht genügend Personal dafür gäbe.

Ob Rechtsbruch oder nicht: Merz’ Versprechen ist nur mit dem Bruch eines anderen Versprechens umsetzbar, nämlich seinem Nein zu einer Zusammenarbeit mit der AfD. SPD und Grüne haben Merz’ Vorhaben eine Absage erteilt, und der FDP droht angesichts der aktuellen Umfragewerte überhaupt ein Rausfall aus dem Bundestag.

Damit hat sich der CDU-Kanzlerkandidat selbst mit dem Rücken zur Wand gestellt. Der Spiegel nennt ihn einen “Getriebenen”: “Getrieben von der AfD, von den politischen Mitbewerbern und nicht zuletzt von seinen eigenen Versprechen.” In den Umfragen liegt die CDU damit konstant bei 30,5 Prozent, während die AfD mittlerweile auf 20 Prozent aufgeholt hat.



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