Ukraine-Unterstützung, marode Infrastruktur, Energiewende – auch die Union wird zu wenig Geld haben, um all das gleichzeitig anzugehen. Warum reformieren Sie die Schuldenbremse nicht jetzt mit Grünen und SPD, um sich finanziell Beinfreiheit zu verschaffen?
Der Euro schwächelt gerade ohne Ende. Wenn jetzt Deutschland anfängt, sich über Gebühr zu verschulden, kommt unsere Währung in große Schwierigkeiten. Wir nehmen schon mit der Schuldenbremse dieses Jahr 50 Milliarden Euro an neuen Schulden auf. 40 Milliarden Euro zahlen wir inzwischen an Zinsen. Ich kann nur davor warnen, die Stabilität der Eurozone in Gefahr zu bringen. Wir werden an der Schuldenbremse festhalten.
Inzwischen rät die Mehrheit der Wirtschaftsexperten zu einer Reform. Auch Angela Merkel hält sie für angezeigt…
Wenn wir uns jetzt hoch verschulden, wird es wieder keine Strukturreformen geben. Je nachdem, welche Regierung gerade dran ist, wird sie Investitionen anders definieren. Für den einen sind Investitionen Freizeitbäder, für den anderen sind es Schulen. Das Problem ist doch nicht, dass Geld fehlt. Wir sind überreguliert und überbürokratisiert. Deswegen geht nichts mehr voran.
Wenn das nicht der Weg ist: Wären weitere Sonderschulden wie bei der Bundeswehr ein Weg? Dann wären die Investitionen zweckgebunden.
Nein, denn das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro fließt ja gerade nicht eins zu eins in die Ausstattung der Bundeswehr. Das hat wieder viel Vertrauen gekostet.
Nehmen wir an, Sie regieren: Werden Sie das Gebäudeenergiegesetz der Ampel, besser bekannt als Heizungsgesetz, rückabwickeln?
Ja, wir werden das Habeck‘sche Heizungsgesetz zurücknehmen. Es besteht aus unnötigem Mikromanagement und subventioniert faktisch die Wärmepumpe als einzige Technologie. Ergebnis ist, dass im vergangenen Jahr so viele Öl- und Gasheizungen gekauft wurden wie nie zuvor. Wir setzen auf die C02-Bepreisung und Technologieoffenheit.
Nur wenige Wochen bleiben für den Wahlkampf: Linnemann (links) will Friedrich Merz ins Kanzleramt verhelfen.
Foto: Joerg Carstensen/dpa
In Umfragen liegt die Union bei 32 Prozent. Müssten sie nicht stärker vom Bruch der Ampel profitieren?
Ich spüre, dass wir peu à peu aufholen. Aber es dauert, Vertrauen zurückzugewinnen. Ich freue mich, dass wir rund zehn Prozentpunkte im Vergleich zu unserem Wahlergebnis von 2021 hinzugewonnen haben. Aber da ist noch Luft nach oben. Für mich ist die Bundestagswahl 2029 entscheidend. Wenn wir es in den nächsten vier Jahren nicht schaffen, Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen, werden die politischen Ränder vielleicht Mehrheiten erringen. Soweit darf es nicht kommen.
Was kann man aus der Zeit der ersten Ampel-Regierung im Bund lernen? Auch Sie werden eine Koalition bilden müssen, vielleicht sogar mit drei Partnern…
Diese ganze Streiterei ging den Menschen doch völlig gegen den Strich. Sie machen abends den Fernseher an, sehen Kriege und Auseinandersetzungen in der Welt und dann noch eine deutsche Bundesregierung im Dauerstreit. Ich kann zusagen: Wenn Friedrich Merz Bundeskanzler wird, ist Schluss mit diesen permanenten Streitereien.