Vorschlafen geht nicht, ausschlafen schon und schlafen, ohne es zu merken, sowieso.
Rund um die US-Wahl wurden Expertisen zum Thema Schlaf ausgetauscht. Ein Kollege, der die erste Nachtschicht der Berichterstattung übernehmen sollte, fragte sich, ob man vorschlafen könne. Nein, meinten alle, auf Vorrat schlafen funktioniere nicht. Wer regelmäßig Schichtdienst hat, kann einen Rhythmus etablieren, bei einmaligen Ereignissen muss man sich entscheiden, ob man durchmacht oder zumindest ein paar Stunden schläft, um den Wecker zu überhören.
Am Tag nach der Wahl sind dann alle die ganze Nacht wach geblieben gewesen. Wer sagt, er habe „kein Auge zugetan“, hat aber oft einfach nicht gemerkt, dass er geschlafen hat. Das sei vor allem ein Männerphänomen, wirft jemand in die Runde und wird als sexistisch gerüffelt.
Gut, auch Frauen sind nicht vor dem unbemerktem Schlaf gefeit. Der Theaterschlaf kennt keine Geschlechter. Aber nicht alle behaupten nach einem seligen Schläfchen vor dem Fernsehgerät, selbstverständlich gar nicht geschlafen und nur „kurz die Augen zugemacht“ zu haben. Oder, wie es der Vater einer Kollegin ausdrückt, für einen Augenblick „die Lider entspannt“ zu haben.
Hauptsache entspannt. Schon bringen uns ganz andere Dinge um den Schlaf. Dabei würde man sich am liebsten in den Winterschlaf zurückziehen und erst im Frühling zerzaust und zufrieden aus der Höhle krabbeln. Stattdessen geht es mit Höchstgeschwindigkeit in die dunkelste Zeit. Zimt und Vanille können das Quartalsende nicht retten, nur Disziplin und Listen. Alles muss noch schnell erledigt werden. Ehe der Frost kommt, ehe das neue Jahr kommt, ehe – ja was eigentlich? Man kann sich nicht selbst überholen.
Eichhörnchen sammeln Nüsse, um in der Winterruhe nur zum Knabbern aufzuwachen. Wie gern würde man sich auch einen Vorrat anlegen, an guten Nachrichten und schönen Geschichten, um in den nächsten Wochen darüber ein wenig einzunicken, ohne es zu merken.
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