Die Berner Konvention zum Schutz bedrohter Tierarten wird geändert. Der Wolf darf wieder gejagt werden, seine Verbreitung muss aber bewahrt werden.
Straßburg/Wien. Die Jagd auf den Wolf wird wieder zugelassen. Das ist das Ergebnis einer Abstimmung im Ständigen Komitee der Berner Konvention zum Schutz bedrohter Tierarten in Straßburg. Die EU, die sich intern bereits auf eine Herabsetzung festgelegt hatte, hat dafür den Antrag eingereicht. Der Schutzstatus wird von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgesetzt. Das bedeutet, dass zwar Wölfe gejagt werden dürfen, wenn sie beispielsweise Weidetiere angefallen haben. Allerdings darf ihre Population – also die Verbreitung – insgesamt nicht gefährdet werden.
Der neue Schutzstatus laut Appendix III der Berner Konvention sieht konkret vor: „dass jede Ausbeutung wildlebender Tiere zulässig ist, um die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen“. Es sind allerdings Maßnahmen wie Schonzeiten und strenge Regelungen zur Nutzung der gejagten Tiere vorzusehen. Wölfe dürfen nicht ausgebeutet werden, tot oder lebend zum Verkauf angeboten werden. Außerdem heißt es: „Eine zufriedenstellende Population ist wiederherzustellen.“ Bisher war der Wolf dem Appendix II der Berner Konvention zugeordnet. Das bedeutete, dass jegliche vorsätzliche Gefangennahme oder Tötung verboten war. Es gab nur äußerst streng geregelte Ausnahmen, etwa wenn die öffentliche Sicherheit in Gefahr gerät oder ein erheblicher Schaden an Weidetieren vorausgegangen war. Auch dies war nur erlaubt, wenn keine anderen Maßnahmen – etwa der verbesserte Herdenschutz auf Weiden – ergriffen werden kann.
Für die Herabsetzung und den Vorstoß der EU hatten sich vor allem Vertreter der Landwirtschaft eingesetzt. Dagegen argumentierten Umwelt- und Tierschutzorganisationen. WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler warnte im Vorfeld der Abstimmung vor „weitreichenden Konsequenzen für andere gefährdete Arten“. Als heimische Wildtiere und Beutegreifer „sind Wölfe ein natürlicher Beitrag zur Artenvielfalt. Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren können.“
Der Antrag für die Herabsetzung des Schutzstatus folgt nach einem Beschluss der EU-Agrarminister und des Europäischen Parlaments. In beiden Gremium wurde die Senkung des Schutzes mit ausreichender Mehrheit beschlossen. Insgesamt haben 50 Staaten – darunter alle 27 EU-Staaten, die Europaratsmitglieder und mehrere afrikanische Länder – die Berner Konvention unterzeichnet. Im Komitee kann eine solche Änderung nur mit einer Zweidrittelmehrheit (34 Stimmen) vollzogen werden. Die Schweiz hatte bereits 2022 einen Antrag zu Reduzierung des Wolf-Schutzstatus eingebracht, war damals aber auch an den anwesenden EU-Vertretern gescheitert.
Laut WWF wurden zuletzt 65 Wölfe in Österreich nachgewiesen. Die genaue Zahl ist auch deshalb schwer zu messen, weil die Tiere grenzüberschreitend unterwegs sind. „Als sesshafte Wolfsfamilien gibt es in Österreich derzeit lediglich fünf Rudel.“ Vertreter der Landwirtschaft haben auf eine wachsende Zahl von Tötungen von Weidetieren verwiesen und auch die Gefahren für Menschen in den Vordergrund gerückt. Laut einer Analyse der EU-Kommission vom Dezember 2023 ist es allerdings in den letzten 40 Jahren zu keinen relevanten Angriffen von Wölfen auf Menschen in Europa gekommen. Im selben Bericht wird in Frage gestellt, ob die Jagd auf Wölfe tatsächlich die Gefahren für Weidetiere reduziert, wenn gleichzeitig die Wolfspopulation erhalten werden muss. Hier wären andere Sicherheitsmaßnamen wie Herdenschutz durch Einzäunung etc. zielführender.